
Arbeitsbedingungen Deutschland vs. Schweiz
Heute würde ich gerne über die Unterschiede als diplomierte Pflegefrau in der Schweiz sowie Deutschland berichten. Einer unserer Hauptgründe war meine berufliche Perspektive in der Pflege. Seit vielen Jahren kann man in Deutschland eine große Kehrtwende wahrnehmen. Leider sind bzw. waren die Zustände für mich eine Zumutung. Eine Veränderung musste stattfinden. Nach einem Jahr Schweiz wollte ich mal ein kleinen Zwischenstand geben. Dieser Beitrag beruht nur auf meine persönliche Perspektive und kann bei jedem anders wahrgenommen werden.
Allgemeine Voraussetzungen
- mind. eine dreijährige Ausbildung
- mind. zwei Jahre Berufserfahrung
- ein vom SRK anerkanntes Diplom
- Lebenslauf sollte lückenlos sein
- fließende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift vorausgesetzt (mit Fremdsprachen: Französisch oder Italienisch kann man sehr gut Punkten)
Zuallererst musste ich meinen Titel, als examiniere Gesundheits-und Krankenpflegerin umändern. Dies ging problemlos über die SRK (Schweizerisches Rotes Kreuz). Es mussten 1-2 Rechnungen gezahlt werden (fürs Umschreiben). Betrag beläuft sich um ca. CHF 680. Die Bescheinigung gilt als Qualitätssicherung im Umgang mit Patienten in der Schweiz. Dadurch wurde meine Ausbildung auch hier in der Schweiz anerkannt und somit konnte ich mich auf vergleichbare Stellen bewerben und ähnliche Lohnansprüche verlangen.
Ablauf
- Ein PreCheck muss ausgefüllt werden
- Führungszeugnis in Deutschland beantragt
- Daraufhin habe ich schnell eine positive Bestätigung erhalten > damit ging die eigentliche Arbeit los 😊
- Die Gesuchsunterlagen wurden angefordert und 1-2 Rechnungen mussten bezahlt werden.
- Nach ca. 3 Monaten hatte ich meine offizielle Bestätigung als diplomierte Pflegefachfrau erhalten.
Gut zu wissen für Interessierte
Mit einem positiven PreCheck kann man sich ohne Probleme an Schweizer Krankenhäuser bewerben, für die PDL stellt es keine Probleme dar. Das Procedere ist bekannt, da wirklich viele Deutsche in der Schweiz arbeiten. Falls es zu einer Anstellung kommt, sollte man zeitnah die erforderten Dokumente nachreichen.
Eigentlich Bewerbung
Ich muss gestehen, es ging alles einfacher als gedacht. Da ich in NRW auf dem Notfall gearbeitet habe und mir auch weiterhin nichts anderes vorstellen konnte, habe ich speziell im Internet nach Stellen für den Notfall gesucht. Uns war schnell klar, dass wir direkt in die Schweiz auswandern. Die Grenzgänger-Option kam nicht in Frage. Somit habe ich mich für Stellen im Umkreis Basel / Baselland umgesehen. In der engeren Auswahl war UNI-Basel und mein KH im Baselland. Da mein aktuelles KH ähnlich war wie meine alte Stelle in Deutschland, etwas kleiner und persönlicher, viel die Entscheidung schnell. Mein Bauchgefühl hat mir eindeutige Zeichen gesendet. Beim Hospitieren waren alle (Pflege sowie Ärzte) sehr freundlich und zuvorkommend und waren wirklich an der Person „Steffi“ interessiert. Ich habe mich direkt wohlgefühlt.
Schon beim Hospitieren sind mir grundlegende Unterschiede aufgefallen:
- Dienstzeitenmodell (42h/pro Woche)
- Wertschätzung
- Kommunikation und Qualität
- Wissen sowie Aufgabenbereich der Pflegekräfte
- Anzahl vom Personal auf dem Notfall
- Urlaubsanspruch von 25 Tagen im Jahr („Ferien“ in der Schweiz genannt) > dies ist allerdings Altersabhängig
Die großen Unterschiede im Detail
- Die Wertschätzung ist um einiges größer
- Einarbeitungsphase war strukturiert und wurde wirklich durchgeführt
- Auf unsere Meinung sowie Wissen vom Pflegepersonal wird viel Wert gelegt > grade aus ärztlicher Sicht. Es sind flache Hierarchien im Haus. Man ist gleichgestellt!
- deutliche Verbesserung vom Gehalt
- Qualität & Kompetenz wird erwartet > freies Arbeiten wird gefördert
- Arbeitsspektrum größer, aber klar definiert: Venflon (Zugang) legen, Blutabnahme, Vitalparameter erheben sowie die Triagierung läuft alles über die Pflege
- Arbeitspensum kann von 50 % – 100 % frei gewählt werden > selten arbeiten Kollegen wie ich 100 %. 😊
- Lebensqualität / Live-Work Balance wird großgeschrieben
Die Arbeitsbedingungen auf dem Notfall
- Der Empfang nimmt nur auf (Patientendaten > Eintrittsgrund wird festgelegt)
- Dann kommt die Triage (eigentliche Einschätzung vom Patienten durch zuständiges Pflegepersonal)
- Patienten wird zum zuständigen Bereich ans Pflegeperson übergeben (entweder Wartezone, Koje, Wundversorgung, Isolation oder Schockraum)
- Unser Notfall ist im groben in zwei große Bereiche unterteilt (Süden-Norden)
- Übergabe von Triage an Pflegepersonal
- Dann beginnt die eigentliche Arbeit am Patienten (Venflon (Zugang) legen, Blutabnahme, Vitalparameter erheben, Medikamentengabe…)
- Bei Besonderheiten Rücksprache mit Assistenzärzten bzw. Oberärzte
- Sichtung und Diagnostik durch ärztliche Seite
- ggf. Sono (Ultraschall), Röntgen / CT / MRT
- Diagnosestellung
- Verlegung bzw. Entlassung im besten Fall
Mein Feedback

Anschließend kann ich nur bestätigen, dass ich mir nie wieder vorstellen kann in Deutschland in der Pflege zu arbeiten. Das ganze Arbeitsumfeld finde ich persönlich viel attraktiver. Natürlich müssen wir hier genauso arbeiten wie in Deutschland, wenn nicht sogar mehr. Dennoch ist die Stimmung eine andere. Kollegen haben noch Lust zum „schaffen“ 😊 Dadurch das man jeden Tag im positiven gefordert wird, habe ich mich beruflich sehr weiterentwickelt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden festgelegt und können zeitnah verwirklicht werden. Die offene Kommunikation mit den Leitungen ist immer gegeben. Hier in der Schweiz habe ich meinen aktuellen Job wieder lieben gelernt. Man darf nicht erwarten, dass einem alles in den Schoss gelegt wird. Man arbeitet genauso viel, wenn nicht mehr als in Deutschland. Dennoch bin ich ausgeglichener und glücklich mit meiner aktuellen Arbeitssituation.
ganz liebe Grüsse Steffi
Meine Partnerin (Gesundheits – und Krankenpflegerin) und ich (Quereinsteiger aus der Industrie/ Generalistik: Pflegefachmann) arbeiten beide auch in der Pflege. Meine Partnerin arbeitet auf einer Intensivstation, ich z.Z. in einer Psychiatrie, überlege aber auf eine Stroke Unit zu wechseln. Meine Partnerin fängt im Oktober`25 mit der Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie an (zwei Jahre). Wir überlegen auch beide in die Schweiz nach Ihrer Fachweiterbildung im Oktober`27 in die Schweiz einzuwandern. Wir fangen gerade an uns über alles zu informieren, sind aber noch etwas unsicher, weil es ein großer Schritt ist. Wir freuen uns aber für dich, dass du diesen Schritt gewagt hast und dein erstes Jahr so erfolgreich verlaufen ist. Wir drücken Dir die Daumen und wünschen Dir weiterhin in der Schweiz nur das Beste! Unsere Empfehlung an dich, komm bloß nicht zurück, wenn es dort so positiv verläuft. Es hat sich nicht verbessert, eher verschlechtert. Auch steigt die Gewalt gegenüber Pflegepersonal von Patienten und Angehörigen in den Kliniken rasant, zumindest keine Seltenheit mehr.
Lieber Mike,
Danke für dein ausführlichen Kommentar. Wir können euch nur von unserer Seite bestärken, denn Schritt zu wagen. Natürlich ist es nicht einfach und man sollte sich etwas Zeit mit den Schweizern lassen, aber im nachhinein lohnt es sich sehr. Ihr könnt euch jederzeit bei uns melden, falls Ihr fragen oder anliegen habt. Wir haben einige Portale (Instagram, YouTube usw.), dort sind wir jederzeit erreichbar. Aktuell sind wir im dritten Jahr hier in der Schweiz und haben keine Sekunde bereut, eher das wir diesen Schritt nicht vorher gewagt haben 😉 Ganz liebe Grüsse von uns aus Bremgarten bei Bern